Der Reformationstag und Halloween spaltet die Deutschen, vor allem, weil das Fest gleich mit zwei christlichen Feiertagen in Berührung kommt und immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dennoch ist Halloween für viele bloß ein großer, kommerzieller Unsinn und Gruselspaß. Doch ist dem wirklich so?

An dem großartigen Gruselvergnügen an dem aus den USA importierten Feiertag finden besonders Kinder und Jugendliche zunehmend Gefallen, aber auch immer mehr Erwachsene lassen sich eine gute Halloweenparty nicht entgehen. Verkleidet als Geister, Vampire oder Hexen ziehen sie in der Nacht vom 31. Oktober um die Häuser – und kreuzen damit so zwei kirchliche Feiertage: den evangelischen Reformationstag am 31. Oktober und das katholische Allerheiligenfest am 1. November.

Gläubige Protestanten plagt die Entscheidung, den Reformationsgottesdienst zu besuchen oder auf die durchgestylte Halloween-Party zu gehen. Andere sehen es lockerer und entscheiden sich im Zweifelsfall für beides.

Doch für viele Katholiken ist Halloween trotz seines Ursprungs im erzkatholischen Irland ebenfalls ein Ärgernis. Sie gedenken am 1. November der toten Heiligen und fühlen sich von den verschiedenen Halloween-Partys gestört, die oft bis in die frühen Morgenstunden ihres Feiertages andauern.

Die katholishe Kirche hat bei der Christianisierung der irischen Insel den Brauch der dort lebenden heidnischen Kelten aufgrund der Nähe zu Allerheiligen am nächsten Tag sozusagen gewähren lassen und mit dem Gedenktag an die toten Heiligen verbunden. Die Kelten glaubten an den Totengott Saman (keltisch: „Ende des Sommers“), der am 1. November die Menschen in Angst und Schrecken versetzte. Seit ca. 800 v. Chr. glaubten die Iren daran, dass dieser Gott nur durch Geschenke und Opfergaben besänftigt werden konnte.

Halloween wurde ursprünglich nur in den katholisch gebliebenen Gebieten der britischen Inseln gefeiert, vor allem jedoch auf der Insel von Irland, während die Anglikanische Kirche am Tag vor Allerheiligen die Reformation feierte. Die Anglikanische Kirche sagte sich von der Römisch-Katholischen Kirche los, als 1529 unter Heinrich VIII. Streitigkeiten zwischen dem englischen Thron und dem Papst in Rom über die Rechtmäßigkeit der königlichen Ehen aufkamen. Die Bischöfe Englands erklärten, dass sie in König Heinrich und nicht im Papst das Oberhaupt der englischen Kirche sahen. Die Kirche vereinigt die Tradition der evangelischen und katholischen Glaubenselemente, wobei die katholische Tradition in der Liturgie und im Sakramentsverständnis (insbesondere dem Amtsverständnis) vorherrscht und die evangelische in der Theologie. Da viele Schotten, Iren und Waliser später auswanderten, kam der Glaube auch in die USA.

Somit hat Halloween seine Wurzeln zweifelsfrei in Europa und über dem einstigen irischen Volksglauben hinaus im Katholizismus. Die ersten Auswanderer aus dem katholischen Irland brachten Halloween – abgeleitet vom englischen „All Hallow’s Evening“ wurde „Hallow-Even“ (Heiliger Abend) und scchließlich „Hallow e´en“, dem Vorabend des Allerheiligenfestes – im 19. Jahrhundert in die USA, wo das Fest allmählich seinen heutigen Charakter entwickelte.

Zu den Kürbissen zu Halloween haben die Amerikaner beigetragen, denn ursprünglich war es eine Rübe und ein Stück glühende Kohle, das der Teufel dem in Irland lebenden Bösewicht Jack Olfield aus Erbarmung geschenkt hatte, da dieser, nachdem er sich mit dem Teufel angelegt hatte, im Tode weder in den Himmel noch in die Hölle kommen. Mit der erleuchteten Rübe konnte Jack wenigstens im Dunkeln wandeln. Da in den USA Kürbisse in großen Mengen zur Verfügung standen, höhlte man statt der Rübe einen Kürbis aus, und dieser Kürbis ist seither als Jack O’Lantern bekannt.

Erstmals nach Deutschland kam Halloween dann 1945 im Gelolge der amerikanischen Soldaten in der ehemaligen Amerikanischen Zone. Doch erst Anfang der 1990er-Jahre verhalfen geschäftstüchtige Marketing-Experten der Unterhaltungs-Industrie dem Fest hierzulande zu einer großen Blüte. Seither ziehen am Abend des 31. Oktober Kinder in grusligen Verkleidungen von Tür zu Tür und betteln um „Süßes“, sonst gibt es „Saures“. Vielerorts sieht man Dekorationen wie künstliche Spinnenweben und ausgehöhlte Kürbisse, in die Fratzen hineingeschnitzt wurden. Das ist auch ein Brauch, der auf die irischen Wurzeln von Halloween zurückgeht.

Doch viel wichtiger als die religiösen Wurzeln von Halloween und das Wissen darum scheint dieser Tage die Kommerzialisierung des Festes. Allein im Jahr 2010 wurden laut Deutschem Verband der Spielwarenindustrie mehr als 30 Millionen Euro Umsatz mit Halloween-Artikeln gemacht. Kostüme, Schminke, Grusel-Dekoration und entsprechend gestaltete Süßwaren sind die Verkaufsschlager rund um den 31. Oktober.

Und auch Diskotheken haben das Potenzial des neuen Festes erkannt: Sie veranstalten Halloween-Partys, bei denen in angemessener Horror-Kostümierung ausgiebig bis in die Morgenstunden gefeiert wird.

So sieht sich ach die Evangelische Kirche genötigt, um auf den Halloween-Hype zu reagieren und feiert den Reformationstag hier und da mit einer „Nacht in der Kirche“, um besonders Jugendliche wieder an die Traditionen des eigentlichen dieses Feiertages am 31. Oktober zu erinnern. Im Umlauf sind beispielsweise auch „Luther-Bonbons“ in den Geschmacksrichtungen Zitrone und Orange. Sie bieten den Kindern so gleich beides: Süßes und Saures.

Beide großen deutschen Kirchen, die Katholische ebenso wie die Evangelische, stehen dem Halloween-Spektakel dennoch mit gemischten Gefühlen gegenüber. Die Katholiken haben Angst, das Totengedenken zu Allerheiligen am 1. November würde einer Spaßkultur zum Opfer fallen, während die Protestanten wiederum ihren Reformationstag in Gefahr sehen.

Der Theologe Manfred Becker-Huberti glaubt jedoch, dass die Begeisterung für Halloween ihren Höhepunkt schon überschritten hat. Aus seiner Sicht hat das Fest nicht das Zeug zum „Winterkarneval“. Sankt Martins- und Nikolaustag, Advent und Weihnachten habe so schnell noch keiner den Rang abgelaufen.

von

Günter Schwarz – 31.10.2018