(Kalvehave) – In Kalvehave erwägen die Bürger eine Art Aufrüstung, nachdem sie die Nachricht erhalten hatten, dass ein Abschiebezentrum auf der kleinen 7 Hektar großen Insel Lindholm zwischen Sjælland und Møn ca. 5 Kilometer vor ihrer Haustür eingerichtet werden soll.

Man könnte meinen, der Weihnachtsfrieden würde sich am 1. Sonntag im Advent über das Land legen – aber nicht so in Kalvehave, im südlichen Dänemark im südöstlichen Sjælland, von dessen Hafen aus die abgelehnten Asylsuchenden teilweise mit kriminellem Hintergrund mit einer Fähre auf die Insel Lindholm in der Stege Bugt gebracht werden sollen.

In Verbindung mit dem neuen Haushaltsgesetz 2019, das von Lars Løkke Rasmusssens konservative Minderhetsregierung nur mit Zustimmung der rechtspopulistischen und äußerst ausländerfeindlichen Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) verabschiedet werden konnte, sollen Asylsuchende, die abgelehnt wurden und denen kriminelle Handlungen zur Last gelegt werden, zukünftig auf die seit 1990 unbewohnte Insel Lindholm verbracht werden.


Insel Lindholm in der Stege Bugt
Die Nachricht darüber wurde vor zwei Tagen veröffentlicht (SH-UgeAvisen berichtete), und es löste sofort eine lokale Debatte im Süden Sjællands aus. Die Ruhe in Kalvehave war dahin und jegliche weihnachtliche Stimmung der Adventszeit ist verflogen. Die Bewohner der Region reagieren darüber sehr nervös und stellen sich Fragen wie: „Gibt es Schwerverbrecher? Wer soll sich um die „Inselbewohner“kümmern? Wie viel Freiheit haben sie?“

„Wir wissen nichts darüber“, klagt Peter Johansen, ein lokaler Einzelhändler. Er hat wie andere Bürger auch Angst vor Diebstählen. In Bording in Jylland (Jütland), wo auch die Kriminellen unter den Asylsuchenden heute noch im Abschiebezentrum Kærshovedgaard leben, hat die Einrichtung des Lagers zu sinkenden Immobilienpreisen, Fahrraddiebstählen und vielen Ladendiebstählen geführt, und vor allem letzeres macht die Einzelhändler nervös.

„Wenn sie nur acht Kronen (1,07 Euro) Taschengeld pro Tag erhalten und zudem ein Fährticket bezahlen müssen, bleibt ihnen kein Geld, etwas kaufen zu können. Dann sind es weiterhin nur die Einwohner vor Ort, die einkaufen können, und die Lagerbewohner werden zum Stehlen gezwungen“, schätzt Peter Johansen die Lage ein.

Die Zeit wird es zeigen, aber man ist schon merklich nervös wegen der Zukunft im Ort. „Dann werde ich wie bei der Polizei ,aufrüsten‘ und muss mehr Personal einstellen. Aber woher soll ich die nehmen und wie soll ich sie bezahlen? Die Menschen hier kaufen nicht mehr ein, nur weil auf Lindholm vielleicht 100 Kriminelle untergebracht werden“, sagt Peter Johansen.

Der bisherigen Absichtsplanung zufolge sollen sechs Beamte auf Lindholm und sechs Polizeibeamte in Kalvehave für Sicherheit sorgen. Die Angst in der Bevölkerung ist groß, wenn 100 oder 125 Kriminelle auf einer Insel einer Gemeinde mit 2.200 Einwohnern gegenüberstehen. „Ich überlege mir, ob es Zeit ist, Kameras, Zäune, Stacheldraht usw. aufzustellen, einen großen Wachhund zu erwerben und vielleicht eine Waffengenehmigung zu beantragen“, sagt Joachim Brix-Hansen.

In dem Lager auf Lindholm soll es laut Anbaben der Dansk Folkeparti weder irgendwelche Aktivitäten noch Kochmöglichkeiten noch Fernsehen geben. Und in Kalvehave fragt man sich, was die ablehnten Asylsuchenden auf der Insel den ganzen Tag machen sollen, um sich die Wartezeit bis zur Abschiebung vertreiben zu können, außer sich kriminelle Taten auszudenken, um zumindest etwas beschäftigt zu sein und „so nebenbei“ an etwas Geld zu konmen.

„Ich habe große Angst davor, dass sie auf ,dumme Gedanken‘ kommen und vielleicht aggressiv werden und im schlimmsten Fall gewalttätig. Ich möchte auch nicht daran denken, wie lange die Polizei braucht, um Verstärkung zu erhalten, wenn es zu einem Aufstand auf Lindholm kommt oder wenn es eine Entführung gibt“, sagt er.

Der Bürgermeister Mikael Smed (Socialdemokraterne), der Bürgermeister der Gesamtkommune Vordingborg will Maßnahmen ergreifen und hat zuvor seine Meinung über die Errichtung eines Abschiebezentrums auf Lindholm geäußert. „Ich denke, man verschiebt das Problem, dass man derzeit in Jylland hat und wo sich einige Bürger unsicher fühlen, nur woandershin. Die einzige Lösung, die den Politikern eingefallen ist, das Problem in einen anderen Teil des Landes zu verlegen und das Gefühl der Unsicherheit auf andere Menschen zu übertragen. Eine Lösung irgendeines Problems ist es jedenfalls nicht, denn das Problem als solches bleibt,“

Der Bürgermeister will die weiterhin bestehenden Probleme den Folketingspolitikern in Christiansborg darlegen, kündigte er an. „Wir werden dagegen kämpfen. Erstens denke ich, dass man sich das Umfeld für so ein Lager zuvor gründlich ansehen und überprüfen muss, ob es geeignet ist und ein solche Maßnahme ein sozial gutes Modell ist, und zweitens gibt es einige zu berücksichtigende Umwelteinflüsse, denen Menschen in der Stege Bugt ausgesetzt sind. Wir haben darüber zu reden, und wir müssen sie den realitätsfremden Christiansborg-Politikern klarmachen“, sagt der Bürgermeister.

von

Günter Schwarz – 03.12.2018