Was geschah am 24. April 2008 in unserem Dänemark?
Das Folketing billigt am 24. April 2008 den Vertrag von Lissabon der EU.
Durch den Vertrag von Lissabon wurde die Europäische Union institutionell reformiert. Das Ziel des Vertrages ist es, die EU demokratischer, transparenter und effizienter zu machen. Am 1. Dezember 2009 trat der Lissabonner Vertrag in Kraft.
Schon
vor der Erweiterung der Europäischen Union von 12 auf 15 Mitglieder
Mitte der 1990er Jahre war klar, dass die EU sich einer
institutionellen
Reform
unterziehen muss, um auch mit einer größeren Mitgliederzahl
handlungsfähig zu bleiben. Da institutionelle Fragen jedoch
Machtfragen sind, ist es weder durch den Vertrag von Amsterdam (1999
in Kraft getreten), noch durch den Vertrag von Nizza (seit 2003
gültig) gelungen, das Institutionengefüge der EU zu modernisieren.
Ein weiterer Versuch, der Verfassungsvertrag, scheiterte im Jahr 2005
an negativen Referenden in den Niederlanden und in Frankreich. Der
Lissabonner Vertrag ist nun der vierte Versuch, diese Aufgabe zu
bewältigen. Auch seine Ratifizierung gestaltete sich nicht einfach,
vor allem nachdem die Iren in einem ersten Referendum 2008 den
Vertrag abgelehnt hatten. 2009 stimmten sie in einer zweiten
Volksabstimmung für den Vertrag, sodass der Vertrag in Kraft treten
konnte.
In Deutschland war der Lissabonner Vertrag Gegenstand
mehrerer Verfassungsklagen,
die im Juni 2009 vom Bundesverfassungsgericht entschieden wurden. Das
höchste deutsche Gericht hat den Vertrag für verfassungsgemäß
erklärt, gleichzeitig aber die Machtverteilung zwischen Bundestag
und Bundesregierung kritisiert und mehr Mitsprache für das Parlament
gefordert. Dem wurde durch eine Veränderung der Begleitgesetze zur
Ratifizierung entsprochen.
Durch den Lissabonner Vertrag
vergrößert sich der Einfluss
des Europäischen Parlaments,
das (außer auf dem Feld der Außenpolitik) zu einem neben dem Rat
der Europäischen Union gleichberechtigten Gesetzgeber wird (sog.
Mitentscheidung). Auch die nationalen
Parlamente
erhalten mehr Einfluss. Sie werden früher über Vorschläge der
Europäischen Kommission informiert und können diese schon während
des Gesetzgebungsverfahrens zurückweisen, wenn sie den Grundsatz der
Subsidiarität verletzt sehen.
Entscheidungen im Rat der
Europäischen Union werden ab 2014 bzw. nach dem Auslaufen von
Übergangsregelungen ab 2017 mit doppelter
Mehrheit
getroffen. Das bedeutet, dass jede Entscheidung der Zustimmung einer
Mehrheit der Staaten (55 Prozent) bedarf, die gleichzeitig eine
Mehrheit der Bevölkerung von 65 Prozent repräsentieren müssen.
Erstmals wird ein Europäisches
Bürgerbegehren
eingeführt, mit dem 1 Mio. Menschen aus verschiedenen
Mitgliedstaaten die Europäische Kommission zwingen kann, sich mit
einem Thema zu beschäftigen und einen Rechtsakt vorzuschlagen.
Die
Kompetenzen
zwischen EU und Mitgliedstaaten werden klarer und nachvollziehbarer
geteilt. Sitzungen des Rates der Europäischen Union werden
öffentlich sein, wenn der Rat gesetzliche Regelungen beschließt.
Die halbjährliche Rotation der Präsidentschaft wird auf der
Ebene der Staats- und Regierungschefs („Europäischer Rat“)
sowie der Außenminister abgeschafft. Der Europäische Rat wählt für
2 ½ Jahre eine Präsidentin
oder einen Präsidenten. Den Vorsitz im Außenministerrat führt der
Hohe
Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik,
der zugleich Vizepräsident der Europäischen Kommission ist und über
einen eigenen Europäischen Auswärtigen Dienst verfügt.
Die
Zahl der Politikbereiche, in denen die Mitglieder des Rates
Mehrheitsentscheidungen
treffen und nicht einstimmig entscheiden, wird ausgeweitet.
von
Günter Schwarz – 24.04.2019