(Rabat) – Der Fall der Morde an einer dänischen und einer norwegischen Frau in Marokko, die dort Ende vergangenen Jahres als Touristinnen unterwegs waren, beginnt heute, am Donnerstag, nach zwei vorangegangenen Aufschüben.

Eine kleine Karawane mit Minibussen fährt heute am Donnerstagnachmittag wie vorgesehen aus einem Gefängnis in der marokkanischen Hauptstadt Rabatzu einem speziellen Anti-Terror-Gericht in der nahe gelegenen Stadt Sale.

Die Insassen der Busse sind 24 Männer, die alle für die Ermordung der dänischen Louisa Vesterager Jespersen aus Ikast in Midtjylland (Mitteljütland) und der norwegischen Maren Ueland aus Bryne im Rogaland im Atlasgebirge im vergangenen Dezember verantwortlich sein sollen.

Es ist heute das dritte Mal, dass das Gericht versucht, den Fall zu verhandeln. Zweimal im Mai wurde der Prozess verschoben – zuletzt, weil der Beistandsanwalt der dänischen Familie verlangte, dass die marokkanische Regierung für die Morde verantwortlich gemacht wird und deshalb einen Regierungsvertreter vor Gericht erscheinen muss.

„Die Täter sind mittellos und haben nichts. Deshalb ist es wichtig, dass der Staat eine Entschädigung zahlt“, argumentierte der Anwalt der dänschen Famile von Louisa Vesterager Jespersen, Khalid Elfataoui.

Obwohl sich 24 Personen auf der Anklagebank befinden, spielen vor allem vier Männer eine zentrale Rolle. Drei von ihnen – zwei Straßenverkäufer und ein Schreiner – haben angeblich zugegeben, den Frauen den Hals durchgeschnitten und dabei gefilmt zu haben. Dem vierten wird vorgeworfen, er habe eine koordinierende Rolle für die Gruppe gespielt, die vor den Morden dem Islamischen Staat die Treue geschworen hatte.

Der Anwalt Khalid Elfataoui verheimlicht nicht, dass er hofft, dass die vier Schuldigen zur Todesstrafe verurteilt werden. „Für mich sind sie nur Tiere. Ich habe diesen Fall von Anfang an verfolgt, ich habe die Leichen und ihre blutigen Kleider gesehen und ich habe sogar eine Tochter. Deshalb kann ich nicht akzeptieren, dass sie in einem Gefängnis leben und dass die Marokkaner für ihr Essen bezahlen, damit sie ihre Zeit im Gefängnis genießen können“, sagt er.

Er betont, dass es die Staatsanwaltschaft ist, die eine mögliche Todesstrafe beantragen muss, dass er diese jedoch erforderlichenfalls uneingeschränkt unterstützen wird.

Die dänische Familie ist bei der mündlichen Verhandlung in Marokko am Donnerstag nicht anwesend, folgt aber aus der Ferne, sagt der dänische Anwalt der Familie, Carsten Hove. Ihm zufolge ist die Familie daran interessiert, einen Schadensersatz zugesprochen zu bekommen, aber sie macht sich keine Sorgen oder Vorstellungen über die Höhe. „Es ist ohnehin nicht etwas, das den Verlust ihrer Tochter ausgleichen kann, aber es ist vielleicht das Gefühl einer Anerkennung von etwas, das nicht hätte passieren dürfen“, sagt er.

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Günter Schwarz – 30.05.2019