(Büdelsdorf) – Von Bach gab es in diesem Jahr beim SHMF (Schleswig-Holstein Musik Festival) schon einiges zu hören und zu sehen – schließlich steht er ja auch als Schwerpunktkomponist im Mittelpunkt des diesjährigen Festivals.

Dieses Wochenende erwartet uns nun noch ein ganz besonderer Programmpunkt: „The Big Bach“. Sonnabend und Sonntag gibt es je drei ganz unterschiedliche Konzerte rund um Bach in Büdelsdorf in der Carlshütte, wo zurzeit auch die NordArt stattfindet. „The Big Bach“ wird also ein Riesen-Event im Event.

Menschliche Körper aus Fiberglas hängen kopfüber an Fäden von der Decke. Aus zwei riesigen silbernen Pferdehinterteilen ragen sich drehende Propeller hervor. Direkt daneben ist schon die Bühne für das Orchester aufgebaut. Die riesige Fabrikhalle der ehemaligen Eisengießerei Carlshütte samt der Kunstwerke der aktuellen NordArt bieten einen imposante Kulisse für „The Big Bach“. Zwischen den schier endlos langen Stuhlreihen steht noch eine knallrote Hebebühne.

In der Thormannhalle probt Dirigent Christoph Eschenbach mit dem Festival Orchester das anspruchsvolle Programm. Die Probe von Zimmermanns „Musique pour les soupers du roi Ubu“, der in seinem Werk immer wieder Bach zitiert hat, erweist sich als kräftezehrend. Es gibt viel Absprachebedarf zwischen den jungen Nachwuchsmusikern und dem Maestro. „Das war auf jeden Fall haarig – schwierig für alle“, sagt Fagottist Alexander Rauch. „Es ist ein sehr kompliziertes Stück. Viele spielen ganz unterschiedliche Dinge zur gleichen Zeit. Bei uns war jetzt das große Problem, dass in den Noten falsche Bezeichnungen standen und man einfach nicht mit dem Dirigenten kommunizieren konnte, wo man jetzt anfängt.“

Immer wieder müssen die Musiker nach vorne zum Dirigenten und gehen mit ihm durch die Partituren. Es ist ein ungewohnter Anblick bei den öffentlichen Proben und mühevolle Kleinstarbeit. Nach drei Stunden gibt es vom „Festival-Papa“ Eschenbach aber großes Lob für seine Schützlinge. Nicht nur für das Aufschlüsseln der schlecht beschrifteten, handschriftlichen Partitur. „Die Musiker haben mir wunderbar geholfen“, sagt Eschenbach. Auch er gibt zu, dass das Stück furchtbar schwierig zu spielen sei. „Aber es ist ja nicht nur das, was wir in diesem ,Big Bach‘-Programm machen. Es sind auch noch ein paar andere sehr schwere und sehr exponierte Stücke dabei, und das Orchester ist fabelhaft. Ich bin jedes Mal wieder erstaunt, was da auf mich zu kommt“, sagt der Dirigent und lacht.

Unter Eschenbach wird sich das Festival-Orchester auf ganz verschiedene Arten mit Bach auseinandersetzen. Neben Zimmermann stehen Arrangements von Honegger, Webern und Respighi auf dem Programm. Und auch die anderen beiden Ensembles, die bei „The Big Bach“ dabei sind, werden für komplett neue Hörerlebnisse sorgen. Ein Saxophon-Quartett wird unter anderem dem „Italienischen Konzert“ ein neues Gewand geben und eine Steel Band aus Trinidad und Tobago interpretiert unter anderem die Orchestersuite Nr. 3 neu.

Die komplett neuen Besetzungen und die Vielseitigkeit von Bach begeistern auch Alexander Rauch, der sonst als Fagottist eher selten in den Genuss kommt, Bach zu spielen. „Spannend und was komplett anderes ist es auf jeden Fall“, sagt er. „Aber warum nicht? Warum sollte man das nicht einfach mal ganz anders kennenlernen? Bach ist vielseitig. Ich glaube, er hat zu seiner Zeit auch viel ausprobiert – aber er hatte zu seiner Zeit nicht so die Möglichkeiten wie wir. Vielleicht würde es ihm gefallen. Wer weiß?“

„The Big Bach“ – „Der große Bach“ – trifft auf die monumentale Architektur der Carlshütte und die zeitgenössischen Kunstwerke der NordArt. Diese einzigartige Kombination garantiert spannende Begegnungen an diesem SHMF-Wochenende.

Für Kurzentschlossene gibt es noch Einzelkarten für den heutiigen Samstagabend, und für den Sonntag gibt es sogar noch einige Tageskarten.

von

Günter Schwarz – 10.08.2019