Was von der Weltöffentlichkeit und natürlich auch von den Grønlandern und Dänen ursprünglich für einen bloßen Scherz gehalten wurde, entpuppte sich mittlerweile als „ernstes Angebot“ von dem unberechenbaren US-Präsident Donald Trump. In seinem Bestreben „Make America great again“ ist der „stets wache Blick“ des US-Präsidenten auf die geostrategischen Optionen der Nordatlantik-Insel Grønland gefallen.

In einem Punkt hat der amerikanische Präsident Donald Trump nicht unrecht, Grønland ist für die USA wegen seiner geostrategischen Lage ebenso wie wegen seiner Rohstoffe hochinteressant. Nur ist eine Kaufofferte, um sich das Land „einzuverleiben“, der falsche Weg, um dieses Interesse zu bekunden.

Früher wurden Territorien gekauft und verkauft, mitunter überaus billig geradezu verhökert. Riesige Ländereien in Afrika, ganze Inseln in der Karibik. Die USA selber haben Louisiana von den Franzosen, Alaska von den Russen, Florida von Spanien und auch die Virgin Islands von Dänemark gekauft. Die liechtensteinische Fürstenfamilie erwarb seinerzeit ihr Land käuflich. Das Deutsche Kaiserreich tauschte Sansibar gegen Helgoland mit den Engländern ein.

Doch diese Zeiten sind vorbei – was Trump nicht bedacht hat oder ihm egal ist. Er ließ sich offensichtlich auch nicht von seinem Stab und seinen Ministern beraten. Sie hätten ihn zweifellos von seiner kuriosen Idee abgeraten, denn diese wird nun, zumindest kurzfristig, dazu führen, dass man den USA und vor allem ihrem jetzigen Präsidenten in Dänemark und in Grønland nicht mehr traut und als seriösen Verhanlungspartner ernst nimmt. Dort zukünftig amerikanische Interessen wahrzunehmen, dürfte um einiges schwieriger werden, denn Donald Trump hat besondern in Grønland allerlei Porzellan zerschlagen.

Doch um welche Interessen geht es den Amerikanern? Zunächst einmal geht es sicher um die Rohstoffe Erdöl und Erdgas, von denen reiche Vorräte in und um Grönland vermutet werden. Mit der Klimaerwärmung wird deren Ausbeutung möglich.

Es geht vor allem aber auch um sogenannte „seltene Erden“, um rare Rohstoffe, die für die Herstellung von Computern, Mobiltelefonen oder Elektroautos unverzichtbar sind. Wie fast alle Länder beziehen die USA diese seltenen Erden seit Jahren vorwiegend aus dem von Trump so sehr verhassten China. Damit hat China ein wirksames Druckmittel in die Hand, das es nutzen könnte, wenn sich das Verhältnis zu Washington nicht bessert. Grønland böte also eine Alternative.

Es geht zugleich aber auch um Geostrategie, um Macht und Einfluss im arktischen Raum. Russland versteht sich seit langem als arktische Großmacht und investiert massiv in seinen hohen Norden, auch militärisch. Auch Kanada schenkt der Arktis neuerdings mehr Beachtung. Selbst das tausende von Kilometern entfernte China beansprucht Einfluss in der Arktis, investiert in Anrainerstaaten, auch in Grønland. Und China betrachtet die Schifffahrtswege im Polarmeer wie selbstverständlich als Teil seiner „Belt-and-Road“-Initiative, also der „neuen Seidenstrasse“.

Die USA hingegen vernachlässigen die Nordpolarregion seit Jahrzehnten sträflich. Militärisch können sie in dieser Weltgegend Russland nicht mehr das Wasser reichen. Ihre paar betagten Eisbrecher sorgen bloss noch für Hohn und Spott. Washington ist also herausgefordert. Die USA besitzen zwar in Nordwestgrønland die wichtige Flugwaffen-, Marine- und Radarbasis Thule. Eine weitere Basis, deutlich südlicher, haben sie längst aufgegeben. Jetzt besteht offenbar das Bedürfnis, sich wieder stärker zu engagieren.

Dagegen spricht seitens der Grønlander und Dänen grundsätzlich nichts, und die USA könnten weitere Basen auf Grønland bauen und betreiben. Sie könnten sich auch wirtschaftlich weitaus stärker engagieren. Dagegen hätten die Grønlander auch nichts. Sie brauchen Geld, viel Geld, um ihren Traum von der vollen Unabhängigkeit von Dänemark zu realisieren. Zurzeit basiert ihr Staatshaushalt noch zu mehr als der Hälfte auf Zuwendungen aus København. Um diese zu ersetzen, wären US-Milliarden hochwillkommen.

Der nächste Anlauf der USA, mehr Einfluss in Grønland zu erringen, ist deshalb bloss eine Frage der Zeit. Nur müssten sie es dann richtig machen: weniger plump, weniger naiv, weniger brüskierend und weniger Trump(elhaft).

von

Günter Schwarz – 24.08.2019