Lugansk und Donezk erstrecken sich über eine Fläche, die etwas größer ist als Dänemark. Die Augen der Welt sind derzeit auf zwei Republiken in der Ostukraine gerichtet, Lugansk und Donezk. Sie bilden die Grundlage eines Konflikts, der in diesen Tagen fast von Stunde zu Stunde eskaliert.

Aber es ist auch ein Konflikt, der seit Jahren andauert, seit prorussische Separatisten 2014 an die Macht kamen, als die Volksrepublik Lugansk und die Volksrepublik Donezk geboren, aber nie anerkannt wurden. Daher gibt es eine offizielle Grenzziehung, die von einer Landkarte bekannte zwischen der Ukraine und Russland, auf die sich der Großteil der Welt nach einem völkerrechtlichen Grundsatz bezieht.

Gleichzeitig gibt es eine de-facto-Abgrenzung – die Berührungslinie, die quer durch die beiden Regionen verläuft. Denn obwohl die Volksrepubliken der Separatisten nicht anerkannt werden, verhindern sie jede Präsenz ukrainischer Behörden. „Sie sind allmählich zu Quasi-Staaten (inoffizielle Staaten, Anm. d. Red.) mit Autoritätszwang und so weiter geworden“, erklärt Flemming Splidsboel, leitender Forscher am Dänischen Institut für Internationale Studien, und er fügtan: „Nicht so transparent und demokratisch, wie man es sich wünschen könnte, und dann bekommen sie natürlich russische Unterstützung. Mit anderen Worten: Den Separatisten wird dabei vom russischen Präsidenten Vladimir Putin geholfen, und wo er die Grenze sieht, scheint eine offene Frage zu sein.“

Die Ukraine grenzt im Osten an Russland und im Norden an Weißrussland. An beiden Grenzen hat Russland militärische Kräfte stationiert. Zuletzt hat Präsident Wladimir Putin angekündigt, Friedenstruppen nach Lugansk und Donezk zu schicken. Foto: Grafik: Nathalie Nystad und Morten Fogde

Leonid Kalaschnikow, Vorsitzender des Duma-Ausschusses für Grenzfragen im russischen Parlament, hat die regionalen Grenzen von Lugansk und Donezk im Westen im Blick.Es ist kein Wunder, dass es zu der entscheidenden Linie viele Meinungen gibt.

„Hier ist eine Geschichte über europäische Grenzen, die sich verschoben haben“, erklärt Charlotte Flindt Pedersen, Direktorin der Udenrigspolitisk Selskab (Außenpolitikgesellschaft). Dieses mache die nationale Zugehörigkeit in Lugansk und Donezk, wo neben Ukrainisch auch Russisch gesprochen werde, zu einer weniger statischen Größe, betont sie. „Es gibt so eine sehr fließende Identität, die wahrscheinlich auch sehr typisch für solche Gebiete ist, in denen viele Bevölkerungsgruppen aus allen Staaten der Sowjetunion kamen und in der Industrie arbeiteten.“ Sie nennt das Gebiet nuklear-sowjetisch, weder ukrainisch noch russisch, aber nostalgisch nach einer vergangenen Zeit.

Flemming Splidsboel nennt es pro-russisch. Er weist unter anderem darauf hin, dass in der Gegend immer mehr russische Pässe ausgestellt würden. Laut der Nachrichtenagentur AP waren es in den vergangenen Jahren mehr als 720.000. „Es gibt viele ethnische Russen. Viele, die in der jetzigen Generation oder in einer früheren Generation aus Russland in die Ukraine gezogen sind, um zu arbeiten, aber mit Russland verbunden geblieben sind“, sagt er.

Es mag eine Frage der zeitlichen Perspektive sein, der sowjetischen Nostalgie für Vladimir Putins grandiose Rhetorik, aber in jedem Fall hat es damit zu tun, dass sowohl Donezk als auch Lugansk auf ihre Weise seit Jahrzehnten die arbeitende Bevölkerung – auch aus Russland – anziehen.

„Donezk war ein wirtschaftliches Kraftzentrum, eine Industriestadt“, sagt Charlotte Flindt Pedersen und vergleicht sie mit Aalborg. „Es gab eine riesige Industrie, es gab auch eine Waffenindustrie, die man nach der Trennung 2014 nicht mehr aufrecht erhalten konnte“, sagt sie.

Rauchwolken steigen aus einem Kraftwerk in Schastia in Lugansk, nachdem es beschossen wurde. Eine Region, die als Bergbaugebiet der Ukraine bekannt war, heute aber das Zentrum des hochgespannten Konflikts zwischen der Ukraine und Russland ist. Foto: AFP PHOTO / Aris Messinis

Donezk ist die größere der beiden Städte, die den Regionen jeweils ihren Namen gegeben haben. Die Stadt hat jeweils etwa 900.000 Einwohner, während in der Stadt Lugansk etwa 400.000 Einwohner leben. Insgesamt erreicht die Bevölkerung der beiden Regionen 3,4 Millionen, was 8 Prozent der Bevölkerung der Ukraine entspricht.

„Lugansk ist rückständiger, eine echte Bergbaustadt und ein Land der Arbeiter“, sagt Charlotte Flindt Pedersen. Dass in beiden Regionen seit 2014 de facto Krieg herrscht, ist ein Verlust für die Ukraine. Aber kein unerträglicher Verlust, findet sie. „Die Ukraine ist so groß, dass es viele andere Bereiche gibt, die sie rein wirtschaftlich ersetzen. Wichtig ist vor allem der Export von Agrarprodukten nach China.

Zusammen erstrecken sich Lugansk und Donezk über eine Fläche, die etwas größer als Dänemark ist. Aber die Ukraine insgesamt entspricht der 14-fachen Fläche von Dänemark. Insgesamt hat das Land 44 Millionen Einwohner.

Quelle: Danmarks Radio – übersetzt und veröffentlicht von

Günter Schwarz – 2§.02.2022

Fotos: Archivbild / Danmarks Radio