(Berlin) – Angela Merkel und Horst Seehofer noch einmal die Kurve gekriegt. Die CDU und die CSU haben sich am Montag auf einen Kompromiss zur Abweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze einigen können. Damit haben sie die maximale Eskalation zunächst verhindert: Den Bruch der deutschen Regierung, Neuwahlen, monatelange Verunsicherung in Deutschland und ganz Europa.

Diese Zweckeinigung war eine Einigung zum Wohle des Landes und zum Wohle Europas. Auf den ersten Blick ist es eine gute Einigung, hinter der sich aber tiefe Wunden in der Union und gravierende Schwächen dieser erst hundert Tage alten Regierung verbergen.

Horst Seehofer, der „Heimat-Horst“, und die CSU haben Kanzlerin Merkel in den letzten zwei Wochen vor sich hergetrieben, ihr Fristen gesetzt und sie am Schluss vor die Wahl gestellt: Entweder einlenken, oder mit uns untergehen. Entgegen allen Aussagen hat die CSU den Sturz der CDU-Kanzlerin bewusst und mit Kalkül provoziert.

Vertrauen ist die Basis für gemeinsames, verantwortungsvolles Regieren. Aber dieses Vertrauen zwischen den Unionsschwestern ist zerstört. Die letzten zwei Wochen haben aufgezeigt, dass es in der Union nicht nur persönliche Fehden, sondern auch grundlegende Unterschiede in der politischen Ausrichtung gibt. Die CSU setzt in der Flüchtlingspolitik wie die AfD auf nationale Lösungen, die CDU denkt europäisch.

Merkel handelt mit Macron ein Reformpaket für die Eurozone aus, die bayerische Regionalpartei, CSU, verwehrt sich dagegen. Die beiden Schwesterparteien CSU und CDU regieren in der Asyl- und Europapolitik nicht mehr mit- sondern gegeneinander. Und mit ihnen am Regierungstisch sitzt die SPD, welche zurzeit die schwerste Krise ihrer Geschichte durchlebt und die von beiden C-Parteien gar nicht gefragt wird.

Eine stabile Regierung ist aber das Fundament für eine innen- und aussenpolitisch starke Bundeskanzlerin. Dieses Fundament, das einmal Angela Merkel war, hat der bayerische Dickkopf völllig demoliert, und es ist weggebrochen. Deutschlands Regierung ist unberechenbar geworden und damit unverlässlich. Die Zeiten, in denen Deutschland der Stabilitätsfaktor in Europa war, sind vorbei.

von

Günter Schwarz – 03.07.2018