Die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen ist eine exzellente und lukrative Investition. Laut einer Berechnung läge das Welt-Bruttoinlandsprodukt (BIP) um ca. 28 Billionen US-Dollar höher, sollten nur die beiden Staaten USA und China die Gleichstellung der Geschlechter in der Wirtschaft voll umsetzen.

Im Bella Center in Kopenhagen kommen heute rund 5.500 Regierungsvertreter, UN-Beamte und Experten aus aller Welt zu der dreitägigen Frauenkonferenz „Women Deliver“ (16.05. – 18.05.2016) zusammen, um über Herausforderungen und Probleme der Frauen in der „Warteschleife“ weltweit zu beraten. Ungefähr 800 Frauen sterben täglich im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder bei der Geburt, 64 % der erwachsenen Analphabeten auf der Welt sind Frauen, und obwohl zwei Drittel der auf der Welt anfallenden Arbeitszeit von Frauen geleistet wird, erhalten sie durch ihre Arbeit lediglich mit einem Zehntel des Welteinkommens eine minimale Kompensation dafür.

Im krassen Gegensatz dazu steht der Gewinn, der dabei eindeutig anfällt und der eines Planes bedarf, in bessere Bedingungen zugunsten des benachteiligten Geschlechts zu investieren. Damit käme es nicht nur zu einem Gewinn für die Frauen selbst, sondern auch für die Länder und die gesamte Weltwirtschaft.

Die Weltbank hat die Arbeitsleistung der Frauen beobachtet und berechnen lassen, wobei der letzte Bericht der Forschungsgesellschaft McKinsey Global Institute besagt, sie beläuft sich auf eine Summe von  nicht weniger als 12 Billionen US-Dollar. Um so viel könnte das gesamte Bruttoinlandsprodukt der Welt bis zum Jahr 2025 erhöht werden, wenn alle Länder, die in Bezug auf die Gleichstellung hinter den Regionen sind, welche die Fortschritte in den fortschrittlichsten Regionen einzelner Länder entsprechen. Diese 12 Billionen Dollar entsprechen einem BIP von Deutschland, Japan und dem gesamten BIP des heutigen Großbritanniens zusammen.

Würden alle Männer und Frauen der Welt gleichermaßen am wirtschaftlichen Leben teilnehmen, könnte das globale BIP im Jahr 2025 um 26 Prozent oder in Zahlen um 28 Billionen US-Dollar höher sein, was in etwa die gegenwärtige Wirtschaftsleistung der USA und Chinas entspricht.

Frauen als Geschäftsmodell

Der dänische Außenminister Kristian Jensen (Venstre) hat die Berechnungen über die sozioökonomischen Auswirkungen anstellen lassen, weil Dänemark zu der „Women Deliver“ eingeladen hat, die zu den größten Frauenkonferenzen in den letzten zehn Jahren zählt.

„Das Wirtschaftswachstum wird steigen, wenn Mädchen die gleichen Chancen zur Schule zu gehen erhalten und eine Ausbildung bekommen. Wenn es Frauen erlaubt ist, das Land zu erben und zu besitzen, auf dem sie arbeiten. Und wenn sie berechtigt sind, Kredite zu aufzunehmen und in kleine landwirtschaftlichen Betriebe zu investieren und so weiter. Es nützt nichts, wenn sie schwere Geburtsschäden erleiden. Wenn sie nicht über das Wissen und den Zugang zu Verhütungsmitteln verfügen. oder die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen und ihr Potenzial auf gleicher Ebene mit Männern erkennen „, sagt Kristian Jensen, der die Botschaft an die Konferenzteilnehmer richtete und fortführte: „Wenn arme Gemeinden wohlhabend werden ollen, haben sie gar keine andere Alternative, als die Frauen mit einzubeziehen. Frauen sind ein Geschäftsmodell!“

Das war es dann auch schon mit den guten Nachrichten für den Beginn. In mehr als 100 Ländern – das sind mehr als die Hälfte aller Länder dieser Welt bestehen Gesetze, die die Beteiligung von Frauen am Wirtschaftsleben sehr beschränken und gar nahezu unmöglich machen.

Bericht der Weltbank im September letzten Jahres

Der größten Diskriminierung sind die Frauen im Nahen Osten und in Nordafrika ausgesetzt. Das liegt u. a. daran, weil sie in mehreren Ländern die Erlaubnis ihrer Ehemänner benötigen, um arbeiten zu dürfen oder auch nur einen Pass zu bekommen. In 11 Ländern der Region gelten die weltweit restriktivsten Gesetze, wenn es um Möglichkeiten für Frauen geht zu arbeiten oder gar ein Unternehmen zu führen. Es sind Saudi-Arabien, Jordanien, Iran, Jemen, Irak, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Syrien, Katar und Kuwait.

In Südasien wurden in den vergangenen zwei Jahren lediglich in zwei von den Ländern der Region Reformen verabschiedet, wovon in der Tat sich nur drei Reformen zugunsten der wirtschaftlichen Chancen von Frauen auswirkten.

In Afrika südlich der Sahara befinden sich etwa ein Drittel der 30 frauenrestriktivsten  Volkswirtschaften der Welt, wobei allerdings Südafrika zwei der 18 Volkswirtschaften ohne jegliche geschlechtsspezifische Barrieren ist – wie Russland. So gesehen sind diese beiden Staaten „Weltmeister“. Jedoch weiß die Weltbank von Russland einschränkend zu berichten, dass es das Land ist, welches die meisten berufsbezogenen Barrieren errichtet hat. Es handelt sich um insgesamt 456 Arbeitsplätze, die außerhalb der „Frauenbereiche“ sind“.

Drei spezifische Ideen

Die „Women Deliver“ Konferenz ist kein Entscheidungsforum, sondern sie soll eine Chance für die 5.500 Teilnehmer ebnen, Strategien und Taktiken im Zusammenhang mit der UN-Neuentwicklung zu diskutieren – insbesondere in Bezug auf die Rechte der Frauen. „Es sind drei Tage für den Austausch von neuen Ideen, von Zusammenarbeit und Partnerschaften zusammen mit der Privatwirtschaft und der Wissenschaft vorgesehen, Wege für Maßnahmen und Finanzmittel aufzuzeigen“, betont Außenminister Kristian Jensen.

Die Konferenz hat auch ein ganz spezifisches Ziel für die dänischen Teilnehmer, denn man möchte zumindest drei konkrete Ideen erarbeiten, wie dänische Bemühungen hinsichtlich der Frauengleichstellung in der Welt gestärkt werden können.

Aber liegt es überhaupt im Interesse der dänischen Außenpolitik, Geld und Mühe aufwenden, um die Rechte der Frauen im Ausland in der Welt zu fördern? „Ja“, sagt der Premierminister Lars Løkke Rasmussen und der Außen- und Sicherheitspolitischer Botschafter Peter Taksøe-Jensen prüft mit der von ihm vor kurzem vorgestellten Studie, die sich in einigen Punkten auf die Vernachlässigung der rechtebasierten und wertorientierten Außenpolitik konzentriert und sich nach der realen politischen und sicherheitsorientierten Lage orientiert.

„Die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der Frauen sind ein klares Beispiel für einen Bereich, in dem es eine Überlappung zwischen den dänischen Interessen und Werten gibt. Die Investition in Mädchen und Frauen ist eine Investition in Entwicklung und Wachstum. Andere Länder sehen nach Dänemark als eines der Länder, in denen die Gleichstellung der Geschlechter sehr weit fortgeschritten ist. „Dänemark als Gastgeber der „Women Deliver“ Konferenz macht das Land zu einer Marke und steigert Wert der politischen Agenda, die tief in unserer DNA steckt. Und es zieht dann in der Tat zusätzlich mehrere tausend Besucher in das Land „, sagt Peter Taksøe-Jensen.

von

Günter Schwarz – 16.05.2016