Das bessere Wetter und die Sperrung der Ägäis veranlasst wieder mehr Flüchtlinge, von Libyen aus über das Mittelmeer nach Italien und Europa zu kommen, stellt  der Generalsekretär des Dänischen Flüchtlingsrats, Andreas Kamm, fest.

Um die 700 Flüchtlinge und Migranten sind in den vergangenen Tagen im Mittelmeer auf dem Weg von Libyen zur italienischen Küste ertrunken. Das wärmere Wetter und die momentan relativ ruhige See hat den Strom von Flüchtlingen über das Meer erheblich anschwellen lassen, sagt er. Es ist vor allem eine Mischung von Menschen vom afrikanischen Kontinent, die diese Route wählen, die sich aus Verfolgten und Migranten extremer Armut zusammensetzt. Seiner Schätzung nach ist die Zahl der Flüchtlinge, die die riskante Bootsfahrt über das Mittelmeer wagen, in etwa auf dem Niveau die des Vorjahres.

Die UN geht davon aus, dass allein in der vergangen Woche ungefähr 700 im Mittelmeer ertrunken sind. Nach der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei, einen massiven Zustrom von Flüchtlingen nach Europa über die sogenannte Balkanroute zu verhindern, war man davon ausgegangen, dass mehr Kriegsflüchtlinge aus Syrien den Weg über das Mittelmeer wählen würden. Aber dem ist nicht so, sagt Andreas Kamm.

„Viele hatten wohl gedacht, dass es das war, was geschehen würde. Aber man kam nicht auf den Gedanken, dass sich die „Warteschlange“ in der Türkei vergrößere und dass die Syrer weiterhin versuchen würden, über die Türkei und Griechenland nach Europa zu gelangen, anstatt über Libyen auszuweichen. Aber so ist es zumindest noch nicht“, sagt er.

„Die Frage, was man tun kann, um die Lücke des Flüchtlingsstroms aus Libyen über das Mittelmeer nach Italien zu schließen, ist schwer zu beantworten. Es ist wahrscheinlich naiv zu glauben, dass man die Route zwischen Libyen und Italien schließen kann, nicht zuletzt, weil das Regime in Libyen nicht sehr viel Macht und Einfluss hat. So kann man nicht damit rechnen, dass man das Problem in der gleichen Art und Weise lösen könnte, wie es die EU mit der Türkei vereinbart hat“, erklärt Kamm.

„Aber Europa ist auch betroffen, wenn es den Fokus darauf konzentriert zu verhindern, dass Flüchtlinge Europa erreichen. Europa muss seinen Anteil an der internationalen Lastenteilung übernehmen –  auch für diese Leute“, schließt Andreas Kamm.

von

Günter Schwarz – 30.05.2016

Foto: italienische Marine