Alle Umfragen zur Volksabstimmung sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus – Großbritannien ist geteilt. Von den vier renommiertesten Meinungsinstituten des Landes prognostizieren zwei sagen einen knappen Sieg der EU-Anhänger , während die anderen beiden den Brexit, also ein EU-Austritt, erwarten.

Mit Sicherheit wird ein Austritt Großbritanniens die Europäische Union in eine Krise stürzen, die für alle Mitgliedsstaaten Folgen nach sich ziehen wird, die zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnt aber nicht realistisch überschaut werden kann. So hat im Falle eines erfolgreichen Brexits in Dänemark die Dansk Folkeparti (Dänisch Volkspartei) bereits angekündigt, sich bei unserem nördlichen Nachbarn für eine Volksabstimmung für einen „Denxit“ einzusetzen..

In Großbritannien sind heute jedenfalls rund 46,5 Millionen Bürger aufgerufen, sich an dem Referendum zu beteiligen. Die Wahllokale in den 382 Wahlbezirken öffneten um 08.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit und schließen um 23.00 Uhr (22.00 Uhr Ortszeit). Wegen der hohen Fehleranfälligkeit sind von den TV-Sendern BBC und ITV am Abend keine Prognosen zum Wahlausgang geplant. Mit dem offiziellen Ergebnis wird morgen früh, am Freitag, ab 08.00 Uhr gerechnet.

Im Endspurt überschattete der Mord an der pro-europäischen Labour-Abgeordneten Jo Cox den Wahlkampf, und dennoch verschärften beide Lager nach der zweitägigen Unterbrechung wegen der Ermordung der Abgeordneten noch einmal ihre Tonart: Während die EU-Gegner vor der ungebremsten Einwanderung von Ausländern warnten, konterten ihre Rivalen mit dem Schreckensbild einer Rezession und der massenhaften Arbeitslosigkeit.

Märkte reagieren nervös

Auch Spitzenpolitiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel oder US-Präsident Barack Obama warnten die Briten vor einem Brexit. Bei einem Austritt aus der EU drohen Schockwellen an den Börsen. Weltweit stehen deshalb die Notenbanken bereit, um Währungsturbulenzen abzufedern.
Bei aller Nervosität sorgten die Umfragen aber für immerhin vorsichtigen Optimismus an den Märkten. Das Pfund Sterling stieg auf den höchsten Stand seit sechs Monaten. Die Börsen in Fernost tendierten überwiegend fester. Die Ratingagentur Standard & Poor’s kündigte allerdings an, Großbritanniens Kreditwürdigkeit herabzustufen, sollte es zum Brexit kommen. Die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G7) bereiteten nach Angaben von Regierungsvertretern eine Erklärung vor, die die Märkte beruhigen soll, falls die Briten für einen Austritt stimmen.

von

Günter Schwarz – 23.06.2016