Der ehemalige brasilianische Langstreckenläufer Vanderlei Cordeiro de Lima hat das olympische Feuer entzündet.

Die Eröffnung der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro dauerte gut vier Stunden. Dieses vierstündige Programm bot den Zuschauern im Maracanã-Stadion in die Millionen Zuschauern in aller Welt vor den Fernsehern Stars, Athleten, Ideen, Reden und Botschaften. Damit ist Rio 2016 nun offiziell eröffnet, aber die Eröffnungsfeier an sich ist schon wieder Geschichte.

Jetzt stellt sich die Frage, was von der Eröffnungsfeier in Erinnerung  bleiben wird – vielleicht sogar über die kommenden zweieinhalb Wochen der Dauer der Spiele hinaus?

Massive Präsenz von Militär und Polizei

Auf der Fahrt zum Stadion, am und im Stadion fielen die vielen Uni formierten von Militär und Polizei in einer Mannstärke auf, wie sie sich in den vergangenen Tagen angedeutet hatte und wie sie nicht wirklich an eine Stadt und an Olympische Spiele in Friedenszeiten erinnern. Während in Deutschland der Einsatz der Bundeswehr im Inneren immer noch ein äußerst kontrovers diskutiertes Thema ist, setzt Brasilien nicht nur, aber besonders zu Olympia im Kampf gegen Terror, Gewalt und Kriminalität auf eine Demonstration von Stärke der Staatsmacht und Abschreckung mit ca. 85.000 für die Spiele abgestellte Soldaten. Aufsteigenden Friedenstauben im bewaffneten Rahmen wirken reichlich obskur. Es ist ein besorgniserregender Gegensatz, der sicher seinen gebührenden Platz in der Geschichte der Olympischen Spiele finden wird.

Das Erlebnis Maracanã

Wenn es um die Bedeutung von Fußball-Stadien dieser Welt geht, gibt es wohl kaum eines, das von der Historie, von der Bedeutung, vom Mythos-Begriff her mit dem Maracanã vergleichbar ist. Vielleicht können es noch das Wembley-Stadion in London oder auch noch das Aztekenstadion in Mexiko-City. Dem Maracanã-Stadion  nun auf seine alten, wenn auch modernisierten und „aufgehübschten“ Tage auch noch die Eröffnungsfeier von Olympischen Spielen zu ermöglichen, dürfte den Fußball-Kult dieser Stätte ein Stück weit hinüber in die restliche Sportwelt transportieren.

Der Low-Tech-Ansatz

Die bewusst von den Veranstaltern gewählte Herangehensweise, das in den vergangenen Jahren immer gigantischer, immer technischer gewordene Multimedia-Erlebnis der olympischen Eröffnungsfeiern wieder ein wenig zurückzufahren und stärker auf kreative Ideen und die Ausstrahlung unzähliger engagierter Teilnehmer zu setzen, sollte auch bei künftigen Spielen Zugang finden. Dass die Brasilianer diesen Lösung mit Sicherheit aus dem Zwang finanzieller Engpässe gewählt haben, macht sie nicht schlechter sondern eher sympathischer.

Die Anregung zur Reflexion für uns Europäer

Schon während der Eröffnungsfeier kamen in den sozialen Medien viele kritische Töne zum Dargebotenen auf. Es hieß: „Was soll das? – Versteht keiner! – London vor vier Jahren war um Meilen besser!“ Vielleicht aber war es gar nicht das oberste Ziel dieser Eröffnungsfeier, uns Europäern zu gefallen? Vielleicht wollte man vornehmlich die eigene Bevölkerung der Brasilianer damit erreichen? Wenn dem so ist, so hat man dieses Ziel voll erreicht, denn die Feier gefiel den Zuschauern im Stadion übrigens richtig gut. Und sicher ist es auch in den kommenden Tagen während der Dauer der Spiele nicht wirklich der richtige und faire Ansatz, die ersten Olympischen Spiele auf südamerikanischem Boden mit europäischen Maßstäben zu messen? Es wäre doch einen Versuch wert, sich auf Rio und seine Spiele einzulassen, statt danach zu suchen, was hier bei uns alles besser laufen würde und könnte.

Sportler als Impulse

Es gab Zeiten, da klang es irgendwie ein bisschen angestaubt und abgedroschen, wenn es hieß, von den Spielen möge eine Botschaft des Friedens in die Welt gehen. Doch diese Zeiten sind angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage längst vorüber, und wer bei dieser Eröffnungsfeier wieder einmal gesehen hat, wie sehr sich Athleten aus allen Ländern gleichermaßen wie kleine Kinder freuen können, zu Olympia ins Stadion einzuziehen, der darf sich ganz einfach anstecken lassen von so vielen geballten positiven Emotionen.

Erstmals Team aus Flüchtlingen dabei

„Alle Brasilianer können heute sehr stolz sein. … Wir haben immer an euch geglaubt“, sagte Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees bei seiner Ansprache, bezugnehmend auf die schwierigen Zeiten, die Brasilien momentan durchmacht. Von den Athleten forderte er Respekt gegenüber anderen und hieß ausdrücklich das Flüchtlingsteam des IOC willkommen. „Ihr sendet eine Botschaft der Hoffnung aus.“

Das Olympische Feuer brachte der ehemalige Tennis-Star Gustavo Kuerten ins Stadion. Die Olympische Flamme wurde dann von dem ehemaligen brasilianischen Leichtathleten Vanderlei Cordeiro de Lima entzündet.

Um 23.27 Uhr Ortszeit (4:27 MESZ) erklärte der brasilianische Interimspräsident Michel Temer die ersten Olympischen Sommerspiele in der der Geschichte Südamerikas für eröffnet. Übertönt wurden die traditionellen Worte des Interimspräsidenten von einem lautstarken Pfeifkonzert. Für diesen Teil der Zeremonie hatte sich der Auftritt Temers allerdings nicht mehr vermeiden lassen. Rasch wurde laute Musik eingespielt. Am Beginn des Abends war hingegen nur Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, begrüßt worden, weil bereits im Vorfeld Pfiffe gegen Temer vermutet wurden und man das zu früher Stunde noch vermeiden wollte.

Rund 40 Staats- und Regierungschefs waren unter den Ehrengästen, darunter Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande, Argentiniens Präsident Mauricio Macri und der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Die USA wurden durch Außenminister John Kerry vertreten. Aus Dänemark war das Kronprinzenpaar Prinz Frederik und seine Gattin Prinzessin Mary erschienen. Der deutsche Bundespräsident Gauck, der sein Erscheinen ebenfalls angekündigt hatte, musste seine Teilnahme wegen Zahnprobleme kurzfristig absagen und sendete lediglich eine Grußbotschaft.

von

Günter Schwarz – 06.08.2016