Der EU-Gipfel am Freitag in Bratislava überraschte mit Eintracht und einem Bemühen um Harmonie. Jedoch wurden die größten Probleme bei den Gesprächen ausgeklammert. DerBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging es um kleine Schritte, um die EU wieder nach vorne zu bringen.

Krisengipfel? – Brexit-Kater? – Terrorängste? – Zumindest auf den ersten Blick war am Freitag auf dem EU-Sondergipfel in Bratislava davon wenig zu spüren.

Atmosphärisch war das Treffen der 27 Staatschefs der EU in Bratislava ein Schritt nach vorne. Offen und konstruktiv seien die Gespräche gewesen, hieß es später. Die größten Konflikte aber klammerten die Politiker aus. Die bisher von Großbritannien vehement blockierte militärische Zusammenarbeit Europas, die besonders Deutschland und Frankreich favorisieren, wurde nicht behandelt, da man weiß, dass nicht nur Dänemark in der EU die Rolle Großbritanniens übernommen hat und sich hartnäckig dagegen sträubt, ihr Militär europäisch einzubinden.

Europa müsse einen Mehrwert bieten

Geschickt waren die Erwartungen vor dem Gipfel reduziert worden. Trennendes, vor allem in der Flüchtlingspolitik, wurde vermieden. Immerhin sollte es um einen Fahrplan gehen für die nächsten Monate, um eine „Agenda von Bratislava“, oder, wie Ratspräsident Donald Tusk es nannte, eine „Bratislava Roadmap“. Die EU muss für die Bürger einen Mehrwert haben, heißt es immer wieder.

Worin dieser Mehrwert besteht, scheint aber nicht klar zu sein. Dass er allerdings in WLAN für alle oder am Ende in einer unbefristeter Abschaffung der Roaming-Kosten im Ausland liegt, kann bezweifelt werden.

„Wir brauchen ein soziales Europa“, versuchte der griechische Premier Alexis Tsipras einen gemeinsamen Nenner zu finden und erinnerte damit an die alten Kontroversen aus den Zeiten der Finanzkrise zwischen deutschem Sparkurs und südeuropäischen Nöten.

Osteuropäische Staaten fordern „flexible Solidarität“

Einen ersten Schritt zu einer konstruktiven Lösung der Flüchtlingskrise machten ausgerechnet die vier osteuropäischen Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei, die sich bisher gegen die Aufnahme von Flüchtlingen stemmten. Sie forderten am Freitag endlich Fortschritte in dieser Frage – eine „flexible Solidarität“.

Die verbindliche Verteilung von 160.000 Geflohenen war zwar beschlossen worden, ist aber faktisch gescheitert. Das weiß auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nun werden freiwillige Lösungen angestrebt. „Wenn das funktioniert, ist es im Interesse der Flüchtlinge“, sagt EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD).

von

Günter Schwarz – 18.09.2016