Das polnische Parlament hat in erster Lesung ein Gesetzesentwurf angenommen, der ein fast vollständiges Verbot von Abtreibungen in Polen vorsieht. Dagegen formiert sich von Frauen ein vehementer Widerstand. Tausende schwarzgekleidete Frauen haben in Warschau demonstriert.

In Warschau haben Tausende Polen gegen eine Gesetzesinitiative protestiert, die Abtreibungen fast komplett verbieten will. Viele der Demonstranten waren in schwarz gekleidet. „Wir brauchen Behandlung durch Ärzte, nicht durch den Vatikan“ und „Wir wollen Ärzte, nicht Polizisten“, hieß es auf anderen Plakaten. Aufgerufen zu den Protesten hatte das Komitee „Rettet die Frauen“.

Die Organisatoren des Protests erklärten, sie wollten so wenige Abtreibungen wie möglich in Polen. Doch sollte dieses Ziel mit besserem Sexualkundeunterricht in Schulen und einfacherem Zugang zu Verhütungsmitteln erreicht werden, sagten sie. Organisatorin Agnieszka Dziemianowicz-Bak, Mitglied der linksgerichteten Partei „Gemeinsam“, sagte der Menschenmenge: „Wir werden es nicht erlauben, dass unsere Krankenhäuser in Folterkammern und unsere Ärzte in Gefängniswärter verwandelt werden.“

Große Mehrheit für den Gesetzesentwurf

Auf Initiative des Bürgerkomitees „Stoppt Abtreibung“ war vergangene Woche im Parlament ein Gesetzesentwurf für ein praktisch vollständiges Verbot von Abtreibung eingebracht und anschließend in erster Lesung genehmigt worden. Schwangerschaftsabbrüche sollen künftig nur noch erlaubt sein, wenn das Leben der Schwangeren unmittelbar bedroht ist. Im Parlament, das von der regierenden nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) beherrscht wird, steht eine große Mehrheit hinter der Initiative.

„Ich bin wirklich wütend auf diese Anzugträger, die über das Leben von Menschen bestimmen wollen, die sich in einer unerträglichen Lage befinden“, sagte eine Lehrerin bei der Demonstration in Warschau der Nachrichtenagentur AFP. Das Komitee „Rettet die Frauen“ kündigte an, demnächst Unterschriften für eine europäische Gesetzesinitiative zu sammeln, die das Recht auf Abtreibung, sexuelle Aufklärung und Verhütungsmittel verankern soll.

Schon jetzt ist das polnische Abtreibungsrecht so scharf wie fast nirgendwo sonst in Europa. Erlaubt ist Abtreibung nur bei Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren, Hinweise auf eine schwere unheilbare Erkrankung des Fötus oder bei Vergewaltigung oder Inzest. Die neue Gesetzesinitiative sieht vor, dass sowohl die ausführenden Ärzte wie die betroffenen Frauen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden können.

von

Günter Schwarz – 02.10.2016