(Berlin) – Wegen der jüngsten Entwicklungen in der Türkei hat auch der deutsche Außenminister Steinmeier, wie sein Amtskollegen Jensen in København, den amtierenden türkischen Gesandten ins Außenministerium einbestellt. Doch während in Dänemark der türkische Botschafter einberufen werden konnte, musste sich Steinmeier mit der „zweiten Garnitur“ der türkischen diplomatischen Vertretung in Berlin begnügen, da der Botschafter bereitzs vor einigen Wochen in die Türkei abberufen wurde.

Wegen der jüngsten Entwicklungen in der Türkei hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) den amtierenden türkischen Gesandten ins Auswärtige Amt einbestellt. Zur Begründung hieß es am Freitag, die Festnahmen von Politikern der pro-kurdischen Partei HDP seien eine „weitere drastische Verschärfung der Lage“. Die Türkei wird in Berlin nach dem Abschied des bisherigen Botschafters aktuell nur durch einen Gesandten vertreten.

„Niemand bestreitet das Recht der Türkei, der Bedrohung durch den Terrorismus entgegen zu treten und den blutigen Putschversuch mit rechtsstaatlichen Mitteln aufzuarbeiten“, hieß es in einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes. „Das darf aber nicht als Rechtfertigung dafür dienen, die politische Opposition mundtot zu machen oder gar hinter Gitter zu bringen.“

Justizminister: Türken in Deutschland haben „überhaupt keine Rechte“

Nach Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat auch der türkische Justizminister Bekir Bozdag Deutschland scharf angegriffen. „Rechtsstaat und Freiheiten gibt es nur für Deutsche“, sagte Bozdag am Freitag in Ankara. „Wenn sie ein Türke in Deutschland sind, haben Sie überhaupt keine Rechte.“ Rechte für Türken gebe es in der Bundesrepublik anscheinend „nur auf dem Papier“.

Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel noch die EU-Kommissare hätten das Recht, der Türkei „Lehren zu erteilen“, sagte Bozdag. „Sie müssen sehen und verstehen, dass die türkische Justiz genauso neutral und unabhängig ist wie die deutsche.“ Der Minister betonte, die Festnahmen von Abgeordneten der prokurdischen Oppositionspartei HDP in der Nacht zu Freitag seien rechtskonform gewesen.

Erdoğan hatte Deutschland am Donnerstag vorgeworfen, Terroristen Unterschlupf zu bieten, statt „rassistische Übergriffe gegen Türken“ zu verhindern. „Man wird sich zeitlebens an euch erinnern, weil Ihr den Terror unterstützt habt“, sagte er an die Adresse der Deutschen.  

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte dazu: „Ich kann die Äußerungen Erdoğans zur Sicherheitslage Deutschlands überhaupt nicht nachvollziehen.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte schon am Mittwoch Kritik an der neuerlichen Festnahmen von Journalisten in der Türkei wegen angeblicher Terror-Unterstützung geäußert.

 von

Günter Schwarz – 04.11.2016