(Vancouver / Kanada) – Es ist ein unglaubliches Mysterium: 1950 verloren die US-Streitkräfte eine Atombombe vor der Küste Kanadas, die bis heute verschollen ist. Ein Taucher hat das Rätsel nun offenbar durch Zufall gelöst. Es ist der Fund seines Lebens. Ein kanadischer Taucher hat vor der Küste British Columbias womöglich eine seit dem Kalten Krieg verloren geglaubte Atombombe der US-amerikanischen Streitkräfte gefunden.

Der Taucher Sean Smyrichinsky war einem Bericht der Canadian Broadcasting Corporation zufolge bei einem Tauchgang vor der Inselgruppe Haida Gwaii auf ein merkwürdiges Objekt gestoßen. „Ich wollte eigentlich nur Fisch für den nächsten Tag fangen“, sagte er dem Sender. Dabei habe er etwas gesehen, „was er nie zuvor gesehen hatte“.


Die Inselgruppe Haida Gwaii befindet sich etwa 80 Kilometer vor der Westküste Kanadas
Den etwa vier Meter großen Gegenstand beschrieb er als „aufgeschnittenen Bagel“ und tönte gegenüber seinen Tauchkameraden: „Ich habe ein Ufo gefunden.“ Ein älterer Vereinskollege brachte ihn zurück auf den Boden der Realität und sagte, es könne sich bei dem Fund auch um „die Bombe“ handeln. Damit meinte er eine Atombombe vom Typ Mark 4, Spitzname „Fat Man“, die die US-Streitkräfte zu Beginn des Kalten Krieges verloren haben sollen.

Seit 66 Jahren verloren

Nach Angaben des Luftfahrtmuseums war ein Interkontinental-Bomber vom Typ Convair B-36 am 14. Februar 1950 von einer Militärbasis in Alaska aus Richtung Südosten gestartet. Die Mission: einen Atombombenangriff auf die US-Küstenmetropole San Francisco zu simulieren. Doch während des Fluges gerieten drei der sechs Propellermotoren in Brand. Die Besatzung hätte dann die Bombe über den Gewässern des Pazifiks abgeworfen, um eine Detonation bei einem Aufprall zu verhindern.
BILD: Convair – Die Convair B-36 „Peacemaker“ war der größte jemals von der US-Luftwaffe geflogene Bomber

Kurz vor Mitternacht verschwand der B-36-Bomber von den Radarschirmen. Zwölf der 17 Crew-Mitglieder konnten sich mit einem Fallschirm retten. Die Wrackteile der „Peacemaker“ fand man in den Bergen British Columbias.

Die Mark-4-Bombe ist eine von zahlreichen sogenannten Broken Arrows („abgebrochenen Pfeilen“). Atombomben, die bei Luft- oder Seeunglücken verloren gingen.

Smyrichinski stieß bei seiner Recherche auf all diese Berichte. Auf den Absturz des B-36-Bombers, auf die Geschichte der „lost nuke“, der verlorenen Atombombe. Zwischen Smyrichinskys Fundort und Absturzstelle liegen nur 80 Kilometer.

Er schrieb dem kanadischen Militär eine Mail. Beschrieb darin, was er gefunden habe. In einem Antwortschreiben hieß es, dass man „starkes Interesse“ an dem Fall habe. Die USA sagten damals, dass es sich bei dem abgeworfenen Objekt lediglich um eine Attrappe einer Atombombe gehandelt habe. Statt eines Plutoniumkerns sei sie mit Blei gefüllt gewesen. Ein Sprecher des kanadischen Militärs sagte am Freitag, ein Schiff sei auf dem Weg zu dem Fundort, um das Objekt genauer zu untersuchen. „Wir wollen sicher sein“, hieß es.

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Quelle: „Die Welt“ – 07.11.2016

https://www.welt.de/vermischtes/article159309822/Taucher-findet-verloren-geglaubte-US-Atombombe.html