(Ankara) – Wenn Sexualstraftäter ihr minderjähriges Opfer später heiraten, sollen sie vor einer Strafe geschützt werden. Dieser Gesetzesentwurf sorgt in der türkischen Bevölkerung für Empörung, wird von der Regierung jedoch verteidigt. Denn: Damit sollen rechtliche Probleme bei Kinderehen gelöst werden.

Der Gesetzesentwurf der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP sorgte in der Türkei für Aufruhr. So sollen Sexualstraftäter vor Strafe geschützt werden, wenn sie ihr minderjähriges Opfer heiraten. Nun hat die türkische Regierung den umstrittenen Entwurf verteidigt.

Justizminister Bekir Bozdag sagte einem Bericht der Nachrichtenagentur Dogan zufolge, das Gesetz wolle rechtliche Probleme bei Kinderehen lösen und sei keine Amnestie für Vergewaltiger.

Der Gesetzesentwurf:

  • Der Entwurf sieht laut Medienberichten vor, dass die Vollstreckung der Strafe verschoben werden kann, wenn der Täter sein Opfer heiratet und der sexuelle Missbrauch vor dem 16. November 2016 stattgefunden hat.
  • Bedingung ist, dass es bei dem sexuellen Missbrauch nicht zu „Gewalt“ oder „Drohungen“ gekommen oder gegen den Willen des Kindes gehandelt worden ist.

Frauenrechtler kritisierten, der Entwurf sei in sich widersprüchlich und bedeute praktisch eine Amnestie für Straftäter. Normalerweise seien in der Türkei Eheschliessungen unter 18 Jahren verboten, unter dem Ausnahmezustand könne ein Gericht jedoch einer Ehe unter Partnern ab 16 Jahren zustimmen.

Hunderttausende gegen Gesetz

Bozdag sagte, das Problem der Kinderehe sei vor allem innerhalb der Roma-Minderheit verbreitet. In mehreren Städten gab es Proteste gegen den Gesetzesentwurf. Eine Online-Petition sammelte mehr als 730.000 Unterschriften gegen das Gesetz.

Ministerpräsident Binali Yildirim warf der Opposition vor, mit dem Streit „schmutzige Politik zu betreiben“. Am Dienstag soll über das Gesetz im Parlament abgestimmt werden. Etwa 3000 Männer sollen von dem Gesetz betroffen sein.

von

Günter Schwarz – 20.11.2016