(Hamburg) – Auf dem Flughafen Hamburg ist gestern in der Mittagszeit Pfefferspray aus einer Kartusche ausgetreten. Es war sicher kein Dumme-Jungenstreich, aber auch kein Terroranschlag. Pfefferspray legte für anderthalb Stunden den Betrieb des Hamburger Flughafens lahm. Für die Feuerwehr war es ein brisanter Einsatz. Man habe eine entsprechende Kartusche gefunden, diese könnte der Ursprung für die Geruchsbelästigung und die gesundheitlichen Probleme etlicher Menschen zu Mittag sein, teilte ein Feuerwehrsprecher in Hamburg heute mit.

Offenbar entledigte sich ein Passagier vor der Sicherheitskontrolle des Sprays. In einem Müllbehälter entleerte sich der Spray daraufhin, das Gas verbreitete sich über die nahe gelegene Lüftung der Klimaanlage. Anfangs war die Feuerwehr von einem böswilligen Akt ausgegangen.

68 Menschen wurden nach dem Vorfall untersucht, neun kamen in Krankenhäuser. Der Flugbetrieb war mehr als eine Stunde lahmgelegt.

Der Inhalt dieser kleinen Kartusche brachte am Sonntag die Reisepläne von etwa 1500 Fluggästen in Hamburg durcheinander: Die Feuerwehr entdeckte den handelsüblichen Behälter mit Pfefferspray nach eigenen Angaben in der sogenannten Plaza. In diesem Gebäude des Flughafens zwischen Terminal 1 und 2 finden die Sicherheitskontrollen statt. Die Klimaanlage habe das Spray verwirbelt. Schnell meldeten sich die ersten Menschen mit Atemwegsreizungen und Übelkeit. Die Flughafenfeuerwehr löste Alarm aus. 120 Einsatzkräfte wurden mobilisiert, der Flugverkehr unterbrochen, die Zufahrten gesperrt.

„Es war ein komisch süßlicher Geruch“, sagte die zwölfjährige Ann-Kathrin, die mit ihrer Mutter eine Freundin zum Flug nach Dubai bringen wollte. „Aber beißend“, ergänzte Mutter Jasmin Feth. Die Wahrnehmung machten sie außerhalb des Gebäudes. Die Eingänge waren schon geschlossen, als sie mit der S-Bahn eintrafen.

Auch der Präsident von Uruguay musste warten

Nach etwa einer Stunde gab die Feuerwehr die Terminals wieder frei, kurz darauf auch die Plaza. Hunderte Reisende strömten hinein. Panik habe es zu keiner Zeit gegeben, sagte Jan Sühnemann, der nach Mallorca fliegen wollte. Nach der ersten Durchsage hatten sie das Terminal ganz ruhig verlassen. „Ich bin sogar noch mal rein aufs Klo“, sagte seine Begleiterin Nele Sandkühler.

Eine Mutter mit zwei kleinen Kindern aus Dänemark sagt: „Die Information war sehr schlecht, wenn man nicht gut Deutsch versteht. Jemand sagte, es gebe etwas, das übel rieche.“ Sie hatte nach eigenen Worten aber keine Panik. Das Hotel gegenüber habe sie mit den Kindern und ihrem Mann sehr nett aufgenommen. „Man sagt Scheiße, aber man kann nichts ändern“, sagte der Segeberger Dirk Hinrichs. Als freiwilliger Feuerwehrmann kennt er solche Situationen. Der etwa 40-Jährige nahmdie Verspätung beim Abflug nach Dubai mit Gelassenheit.

Als prominentester Passagier musste sich Uruguays Präsident Tabaré Ramón Vázquez Rosas gedulden, der schon in seiner Maschine saß. Er teilte das Schicksal von etwa 1500 Passagieren, wie Flughafensprecherin Stefanie Harder sagte. 13 Maschinen mussten in der Luft kreisen oder auf dem Rollfeld warten. Zwei der Flugzeuge wurden nach Bremen umgeleitet.

Mehrere Menschen kamen ins Krankenhaus

Nur indirekt war das Reizgas der Grund dafür. Flugbetrieb ist nur erlaubt, wenn die Feuerwehr einsatzbereit ist. Aber die war beschäftigt. Sie maß immer wieder die Luft im Gebäude, konnte aber nur punktuell das Reizgas feststellen. „Man musste aufpassen, dass man nicht hyperventiliert“, sagte Feuerwehr-Einsatzleiter Norbert Kusch. Er selbst war während der Sperrung eine halbe Stunde lang ohne Atemschutz durch die Plaza gelaufen, da die Messtrupps nichts mehr festgestellt hätten. Wichtig war, immer wieder nachzumessen.

von

Günter Schwarz – 13.02.2017