Die Sparkassen in Deutschland sorgen aktuell immer wieder für Schlagzeilen. Heimlich, still und leise haben mittlerweile mehr als 40 der knapp 400 Sparkassen in Deutschland die gebührenfreie Bargeldversorgung für ihre Kunden eingeschränkt oder sogar ganz abgeschafft. Dies geht aus einer Erhebung des Finanzportals „biallo.de“ hervor.

Sie wälzen die Belastungen durch die EZB-Politik zunehmend auf ihre Kunden ab. Zunächst waren Negativzinsen für Firmenkunden und institutionelle Anleger die Folge, vergangene Woche kündigte mit der Sparkasse Köln-Bonn jedoch die zweitgrößte deutsche Sparkasse negative Zinsen auch für Privatanleger an. Vorerst will man hier allerdings nur sehr vermögende Kunden zur Kasse bitten. Kleinsparer werden also noch verschont – dachte man zunächst. Eine Untersuchung der Finanzwebseite „Biallo“ ergab jetzt jedoch, dass viele Sparkassen auch Kunden mit kleinen Einlagen mittlerweile auf einem anderen Weg zur Kasse bitten.

Verbraucherschützer fürchten demnach, dass Banken angesichts niedriger Zinsen so ihre Einnahmen steigern wollen. Der Sparkassen- und Giroverband betonte: „Das Abheben an einem der rund 25.000 Geldautomaten der Sparkassen ist für Kunden der Sparkassen natürlich nach wie vor kostenlos.“ Doch der Test des Finanzportals zeigt jetzt, dass diese Einschätzung nicht ganz der Wahrheit entspricht. Einige Sparkassen gewähren im klassischen Girokontomodell zum Beispiel vier kostenlose Transaktionen am Automaten – danach fällt für jedes Abheben eine Gebühr an. Noch viel rigoroser würden die Sparkassen aber abkassieren, wenn Kunden am Schalter Geld holen. Dann werden schon ab dem ersten Mal Gebühren fällig.

Bis zu zwei Euro pro Abhebung am Automat

Laut Angaben des Internetportals haben rund zehn Prozent aller Sparkassen in Deutschland das gebührenfreie Abheben an den hauseigenen Geldautomaten eingeschränkt oder gleich ganz abgeschafft. Man habe die Gebührenmodelle aller rund 400 deutschen Sparkassen genau beleuchtet, heißt es bei „Biallo“. Dabei sei man auf 20 Institute gestoßen, die bei ihren Kunden bei jeder Benutzung eines Sparkassen-Geldautomaten abkassieren. Bei 24 weiteren würden Gebühren fällig, sobald man eine bestimmte – niedrige bis mittlere einstellige – Anzahl an Abhebungen pro Monat überschreite. Bei den Banken, die ihre Kunden dann mit bis zu zwei Euro pro Geldautomaten-Nutzung zur Kasse bitten, handelt es sich überwiegend um kleinere regionale Sparkassen.

Betroffen sind alle Kunden, die ein entsprechendes Kontomodell gewählt haben. So heißt es etwa bei der Sparkasse Wittgenstein: „Bei unserem Girokonto Classic rechnen wir die genutzten Services und Dienstleistungen einzeln ab“. Das bedeutet in diesem Fall konkret, dass fünf Auszahlungen am Geldautomat sowie eine Ein- oder Auszahlung am Schalter monatlich noch kostenlos sind – danach wird jeweils eine Gebühr von einem Euro fällig. Noch teurer wird es im Kontomodell „Wittgenstein Direct“: Hier schlagen Abhebungen sogar mit zwei Euro zu Buche, sobald die fünf Freiposten verbraucht sind.

Wer glaubt, dass dafür das Girokonto an sich umsonst sei, irrt: Kontoführungsgebühren müssen die Kunden trotzdem bezahlen. 3,95 Euro pro Monat werden für das Girokonto Classic fällig und sogar 4,95 Euro für das Girokonto Direct. Erst wer bereit ist, 13,95 Euro pro Monat auf den Tisch zu legen, erhält bei dieser Sparkasse ein Girokonto, bei dem er wie gewohnt alle Sparkassen-Geldautomaten unbegrenzt kostenlos nutzen kann. Bei den anderen 43 Sparkassen ist die Situation ähnlich: Kunden zahlen eine, zumindest für Sparkassen vergleichsweise niedrige Kontoführungsgebühr und werden dafür an anderer Stelle zur Kasse gebeten. Die Anzahl der gewährten kostenlosen Abbuchungen und die Höhe der Gebühren variieren dabei von Fall zu Fall. Bei der Stadtsparkasse Grebenstein werden im entsprechenden Kontomodell beispielsweise für jede Ein- und Auszahlung am Schalter oder Automaten 0,50 Cent abgebucht.

Gratiskultur bei Sparkassen offiziell vorbei

Wie andere Banken auch haben die Sparkassen mit den dauerhaft niedrigen Zinsen zu kämpfen und müssen sich nach anderen Einnahmequellen umsehen, um weiter erfolgreich wirtschaften zu können. Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen glaubt daher auch nicht, dass die „Geldabhebe-Gebühr“ auf die 44 Sparkassen beschränkt bleiben wird. Sie befürchte, dass weitere Sparkassen nachziehen, sagte sie gegenüber „Biallo“.

Das dürfte auch ganz im Sinne von Georg Fahrenschon sein. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands hat bereits im vergangenen Jahr erklärt, dass die Zeit der kostenlosen Girokonten vorbei sei und auch andere Banken dazu aufgefordert, Kontoführungsgebühren zu erheben. Daneben kündigte er an, dass die Sparkassen in Zukunft gezwungenermaßen „angesichts der Zinslandschaft [ihre] Leistungen verursachungsgerechter bepreisen“ würden. Nun ist offenbar ein weiterer Schritt in diese Richtung getan, denn natürlich kostet auch der Betrieb der Geldautomaten Geld – und das dürfen jetzt die Kunden bezahlen.

„Wenn Kunden ohnehin schon Online-Banking machen oder das planen, sollten Sie überprüfen, ob es nicht Sinn macht, zu einer Internetbank zu wechseln“, raten unterdessen die unabhängigen Experten von „Biallo“. Kostenfreies Abheben bieten mittlerweile eine Reihe von Online-Instituten.

von

Günter Schwarz – 31.03.2017