(Kiel) – Die AfD wollte am heutigen Sonnabend auf dem Asmus-Bremer-Platz in der Kieler Innenstadt und auf dem Vinetaplatz in Kiel Gaarden Wahlwerbung mit Info-Ständen machen. Für den Asmus-Bremer-Platz war der Stand um 13:30 Uhr angemeldet und auf dem Vinetaplatz sollte es um 16:30 Uhr losgehen. Schon seit den Mittagsstunden sammelten sich im Bereich des Asmus-Bremer-Platzes zunehmend mehr Gegendemonstranten, die nicht nur dem linksautonomen Spektrum zuzuordnen waren, sondern die auch den Gewerkschaften oder christlichen Kirchen nahestanden.

Die Polizei rückte in einer Stärke an, die eine Konfrontation der Gegendemonstranten mit den Rechtspopulisten durchaus zu verhindern in der Lage war. „Es gibt klare Absprachen, wo sich die AFD-Vertreter und wo sich die Demonstranten aufhalten dürfen. Wir stehen bereit, damit sich alle an diese Regeln halten“, erklärte Polizeisprecher Matthias Arends.

Bis um 13.40 Uhr waren die Demonstranten und Polizisten allerdings allein auf dem Asmus-Bremer-Platz. Neben diesen tummelten sich nur einige Passanten auf dem Platz zwischen der Commerzbank und den Kieler Nachrichten – und ein Wurststand befand sich auch noch dort. Dann aber kam der Partei-Bus der AfD auf den Asmus-Bremer-Platz angerollt, und vorbei war es mit der Gemütlichkeit. Die AfD-Parteifunktionäre wurden lautstark mit Protestrufen und von schrillen Pfiffen empfangen. „Verpisst Euch“, „Ganz Kiel hasst die AfD“ und weitere unmissverständliche Rufe „gebremster Freude“ hallten den ewig gestrigen AfD-Leuten entgegen.

Einer der Nachwuchsfunktionäre der AfD, der extra aus Göttingen angereist war – mit Namen Lars Steinke – heizte die Stimmung gegen sich und seinen „fremdenfeindlichen Verein“ noch zusätzlich an, indem er Selfies mit der protestierenden Gruppe im Hintergrund knipste und den Gegendemonstranten höhnisch zuwinkte. Diese provozierende Geste wurde von den anwesenden Polizisten umgehend gerügt.

„Rassismus ist keine Lösung, und deshalb stellen wir uns Rassismus in den Weg – woimmer er auftritt, sei es in Kitas, Kindergärten und Schulen, sei es an den Unis und am Arbeitsplatz und sei es in Vereinen und in der Öffentlichkeit“, erklärte ein Sprecher der Gegendemonstranten und erntete dafür nicht nur von Gleichgesinnten sondern auch von Passanten auf der Holstenstraße unverhohlenen Beifall.

Die AfD-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl, Alice Weidel, und der schleswig-holsteinische Spitzenkandidat, Jörg Nobis, erschienen um etwa 14:30 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz auf, um Flyer zu verteilen. Darauf reagierten die Passanten der Kieler „Einkaufsmeile“ recht unterschiedlich, Während die einen das Werbematerial der rechten Gesinnungsgenossen wortlos entgegennahmen, lehnten viele die Annahme schlichtweg ab und sparten auch nicht mit abfälligen Kommentaren, die von  „Moralisch nicht vertretbar“ bis hin „zum Kotzen seid Ihr!“ reichten.

Der schleswig-holsteinische Spitzenkandidat der Partei, Jörg Nobis reagierte sichtlich irritiert auf die Akzeptanz seiner Partei an der Förde und musste eingestehen, dass „Kiel ist ein schwieriges Pflaster“ sei. Allerdings betonte er, mit Gegendemonstrationen kein Problem zu haben, „so lange sie friedlich bleiben“.

Alice Weidel, der neue „Star“ auf AfD-Bundesebene, gab zu, dass sie „immer wieder schockiert“ über den Umgang mit ihrer Partei sei. Gestörte Wahlkampfauftritte der Partei, wie vor einigen Wochen die Absage einer AfD-Veranstaltung im Kieler Schloss und der kurzfristige Entzug des für eine Versammlung gebuchten Sportheims in Heikendorf, schadeten der Demokratie, meint sie und sagt: „Man kann gern unterschiedlicher Meinung sein, aber man muss auch die Möglichkeit haben, sie auszutauschen.“

Der „braune Star“ beabsichtigt noch bis zum Sonntag in Schleswig-Holstein bleiben zu wollen, um Straßenwahlkampf für die Populisten zu machen. Auf den unsprünglich noch vorgesehenen Abstecher nach Kiel Gaarden verzichtete die Partei dann aber nach ihrer Erfahrung auf dem Asmus-Bremer-Platz. Somit bauten die wahlkämpfenden „Recken“ der AfD ihren Stand ab und zogen um eine Erfahrung reicher nur sicher nicht weiser von dannen.

Die Polizei war mit ihrem Einsatz zufrieden, da es alles in allem doch recht gesittet ablief. Wie es aus der Polizei heiß, gab es zwei Festnahmen wegen einer Farbbeutel-Attacke, ansonsten blieben die Proteste der „AfD-Kritiker“ laut Polizeisprecher Arends „absolut friedlich“.

von

Günter Schwarz – 29.04.2017