(Flensburg) – Der SSW-Spitzenkandidat zur Landtagswahl, Lars Harms, hob in seiner Rede am 4. Mai in Flensburg hervor, dass die deutsch-dänische Grenze dank der Minderheiten beiderseits der Grenze offen gehalten werden konnte. Unter anderem der Einsatz von SSW-Ministerin Anke Spoorendonk gegenüber København hat dazu geführt, dass in der Frage der deutsch-dänischen Grenzkontrolle „eine für alle tragbare Lösung gefunden worden ist“. „Die jetzige Lösung ist okay“, so Harms und betont, dass auch die deutsche Minderheit dazu beigetragen habe „dass die Grenze weiterhin für uns alle passierbar ist“.

Der Fraktionsvorsitzende fügt hinzu, dass beide Minderheiten natürlich auch weiterhin permanente Grenzkontrollen ablehnen, weil sie der Arbeit beider Minderheiten und dem freien Grenzverkehr nur schaden. Insofern begrüßen die Minderheiten die Entscheidung der EU-Kommission, die Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raumes binnen eines halben Jahres auslaufen zu lassen.

Auch äußert Harms die Hoffnung, dass die Gedenkfeiern 2020 zur Volksabstimmung vor einhundert Jahren über die derzeitige Grenzziehung „volksnah und dezentral“ durchgeführt werden, aber natürlich sei auch ein Treffen der Staatsoberhäupter und Regierungschefs aus diesem Anlass sehr zu begrüßen. Er verspreche sich neue Impulse durch 2020 für die deutsch-dänische Region, in der er sich eines Tages eine gemeinsame Identität als „Schweiz des Nordens“ mit gleichberechtigten Sprachen und Kulturen für Dänen, Deutsche, Friesen und Roma wünscht. 

Ein wichtiges Anliegen sei für den SSW, wenn er weiterhin Regierungsverantwortung tragen soll, „aus unserer Region eine Wachstums-Region zu entwickeln“.  Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Infrastruktur. Er bedauert, dass die Rader Hochbrücke – wie vom SSW vorgeschlagen – statt sechs – nur vierspurig ausgebaut werden soll und dass vor allem auch keine Mittel für eine dringende Verbesserung des Bahnverkehrs in Aussicht gestellt sind.

Zweifel an der SSW-Haltung zur Fehmarn-Querung weist er zurück. „Der SSW war kritisch wegen Umwelt- und Regionalpolitik, und die Bedenken sind keineswegs ausgeräumt, aber wenn man einen Staatsvertrag macht, muss man ihn einhalten. Als Regierungspartei wird die Fehmarn-Querung umgesetzt, doch weil bei diesem Projekt zwei völlig unterschiedliche Planungskulturen aufeinander gestoßen sind, zieht es sich in die Länge.“ Ob die Fehmarn-Verbindung, wie geplant, 2028 fertig sein werde, sei völlig ungewiss. „Es kann früher oder aber auch später fertig werden“, so Harms, der vor dem Hintergrund der mehr als 12.000 Klagen davon ausgeht, dass am Ende „50 Klagen hohe Relevanz haben und dann durch alle Instanzen gehen werden“.

Der SSW, steht am Sonntag vor einer historischen Wahl: Nachdem die von der Fünf-Prozent-Sperrklausel befreite Partei nach der jüngsten Landtagswahl erstmalig als Regierungspartei mehr als nur Minderheiten-Geschichte geschrieben hat, müssen die Wähler in Schleswig-Holstein nun entscheiden, ob das Experiment mit SPD und Grünen in der Küstenkoalition fortgesetzt werden kann.

Der sperrklauselfreie SSW hat ein sportliches Traumziel: am Sonntag in Schleswig-Holstein über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen, aber wohl realistischer lautet die Wahlprognose des neuen Spitzenmanns Lars Harms: „Eine 4 vor dem Komma ist das Mindestmaß – und gerne noch etwas mehr.“

Bei der jüngsten Landtagswahl kletterte der SSW von 4,3 auf 4,6 Prozent, musste aber stimmenmäßig deutliche Verluste hinnehmen – von 69.701 auf 61.025. Im Gespräch mit Lars Harms in seinem Büro als SSW-Fraktionschef im Landeshaus an der Förde gibt sich der 52-jährige Harms kämpferisch.

Meinungsumfragen sagen dem SSW stabil nur 3 Prozent voraus, aber Harms ist zuversichtlich, nachdem eine Umfrage des sh:z-Verlages 4 Prozent für die Partei der dänischen und friesischen Minderheit prognostiziert hat. Vier Prozent sind ja schon ein gutes Ergebnis, das beste seit den 1950er Jahren und Harms erinnert in diesem Zusammenhang nur an die große Zitterpartie, als der SSW-Landtagsabgeordnete Karl Otto Meyer in der Wahlnacht raus- und reinflog und schließlich sein Mandat 1983 nur hauchdünn rettete.

Natürlich hofft Harms auch auf mehr Stimmen, zumal ja bei der Landtagswahl am Sonntag mit den 17- und 16-Jährigen zwei neue Jahrgänge an die Wahlurne gehen dürfen. Die Befürchtung, dass der SSW auch rechts an die „Alternative für Deutschland“ Stimmen abgeben könnte, hat er überhaupt nicht. Höchstens ganz einzelne Versprengte, so seine feste Überzeugung, denn der SSW hat nach seinen Worten die Aufgabe, vor extremen Parolen zu warnen und die AfD am Sonntag unter die Fünf-Prozent-Grenze zu drücken.

 

von

Günter Schwarz – 06.05.2017